Gerüchteküchen

Wie ich schon anmerkte, reden wir gerne. Natürlich sehr gerne über uns selbst, aber wir reden auch sehr gerne über andere.

Ich mag es, wenn mich jemand fragt, wie es mir geht, wie meine Pläne aussehen, was in der letzten Zeit passiert ist oder mich um meine Meinung bittet usw.. Ich fühle mich dann beachtet und wertgeschätzt. Dann erzähle ich gerne, wobei ich auch Vorsicht walten lasse, wenn ich die Person nicht gut genug kenne. Das hat mich das Leben gelehrt und euch sicher auch. Tiefergehende Wahrheiten sind den Menschen vorbehalten, denen man bedingungslos traut.

Sehr unterhaltsam sind oft Neuigkeiten von anderen. Da hat jemand dies getan oder das gesagt und man ist positiv erstaunt, vielleicht voller Bewunderung, fragt sich gemeinsam dies oder das. Manchmal ist man aber auch entrüstet. Letzteres ist kein schönes Gefühl, aber hat großes Unterhaltungspotential. Grundsätzlich gilt, sich auszutauschen schafft soziale Nähe und fördert das Gemeinschaftsgefühl.
Soweit, so normal, sage ich mal. Aber es gibt da noch eine *Normalität* – das Gerücht.

Was ist ein Gerücht?
Eine Mitteilung über ein angebliches Ereignis oder über Motive und Intentionen:
*XY will ein Grid eröffnen, wo jeder, der sich da anmeldet, 5 Euro bekommt, weil XY die anderen Grids kaputtmachen will*
Das Beispiel habe ich u.a. gewählt, weil es ein wichtiges Merkmal von Gerüchten innehat, nämlich, die Angstbesetztheit. Gerüchte über jemanden oder etwas, was *Ängste* hervorruft, greifen sehr schnell um sich. Da verschafft sich jemand einem selbst gegenüber einen Vorteil, da bedroht jemand/etwas, was mir besonders am Herzen liegt….
Gedeihen kann ein Gerücht dann am besten, wenn eine Situation nicht überschaubar ist (das Miteinander in Opensim ist nicht besonders überschaubar). Man hat zu wenig Informationen, um es zu überprüfen, aber glaubt es erst einmal, weil es ja irgendwie auch sein kann.

Was unterscheidet nun Gerüchte von Vermutungen?
Vermutungen werden auch als solche formuliert, man macht deutlich, dass man nicht weiß, ob das stimmt, sondern es nur für möglich hält. Gerüchte dagegen werden so erzählt als ob sie die Wahrheit beschreiben. Aus Vermutungen können auch Gerüchte werden. Was vorher vielleicht im kleinen Kreis vermutet wurde, wird plötzlich als Tatsache weitererzählt. Der Urheber/die Urheberin weiß, dass das nicht ok ist, aber hat sicher gute Gründe dafür.
Mir fallen dazu z.B. Naivität oder Freude am Drama ein.

Sonderfall: Bewusstes streuen von negativen Gerüchten.
Grundsätzlich zeigt jemand, der/die negative Gerüchte bewusst streut, viel von sich selbst und nichts davon ist besonders positiv. Manche lieben es soziale Bömbchen zu zünden und freuen sich an dem, was folgt. Das finden sie spannend und unterhaltsam, zeugt aber auch von einer gewissen Gefühlskälte bzw. von Defiziten im Sozialverhalten. Es kann sich dabei z.B. aber auch um einen Menschen mit geringem Selbstwertgefühl handeln, der/die einem Kontakt auf Augenhöhe nicht standhält und daher zu diesem Mittel greift, um einer Person zu schaden. Wer so handelt, sollte eigentlich vor Scham im Boden versinken. Aber, der Mensch ist einfach gestrickt: Was einmal geklappt hat, wird wiederholt und Gerüchte sind eine mächtige Waffe.

Was macht Gerüchte so mächtig?
Ist ein Gerücht erst einmal entstanden, wird die *Story* gerne immer weiter ausgeschmückt, dramatisiert. Es kennt ja niemand die pure Wahrheit, da sind alle Tore offen. Wie oben beschrieben, finden sich immer Leute, die das Gerücht gern hören und weitererzählen wollen.
Wenn viele Menschen das selbe erzählen, wird es immer glaubwürdiger. Leider ist es auch so, dass selbst, wenn nur wenige Menschen oder eine bestimmte Gruppe ein negatives Gerücht immer wieder wiederholt, es im Gedächtnis bleibt und irgendwann zur *Wahrheit* wird. Selbst bei Zweiflern besteht die Gefahr, dass sich zumindest ein Misstrauen gegenüber dem Opfer einstellt.

Was kann man nun tun?
Tja…… Gerüchten entgeht niemand. Ist man selbst Opfer, kann man versuchen alles richtig zu stellen. Bei dem Verbreitungsgrad ein schwieriges Unterfangen und die Frage ist ja auch, ob einem geglaubt wird. Ich würde es zumindest versuchen und wenn es nur dazu dient, dass ich mich weiter im Spiegel anschauen kann. Menschen, die mich kennen, mir vertrauen, werden mir aber glauben und das zählt letztendlich. Wichtig ist, dass ich das nicht zu sehr an mich rankommen lasse. Stichwort ist hier *Resilienz*, die psychische Widerstandskraft die uns befähigt, schwierige Lebenssituationen ohne anhaltende Beeinträchtigung zu überstehen. Salopp gesagt, dass ich nicht innerlich zerbreche, sondern in bestimmten Situationen ein gehöriges *Leck mich doch am…..*- Gefühl entwickel oder zumindest für mich positive Lehren daraus ziehe. Daran kann nur ich persönlich arbeiten oder halt mithilfe von Fachkräften.
Ich kann aber das Problem auch an der Wurzel packen, indem ich bei dem Spiel nicht mitmache:
– Ich glaube nicht alles, was man mir erzählt.
– Ich informiere mich aus verschiedenen Quellen.
– Ich formuliere eine Vermutung als Vermutung.
– Das beste zum Schluss: Ich erzähle Gerüchte nicht weiter.